Pamir Highway: Afghanistan, Tadschikistan & Kirgisien. Expedition Zentralasien Teil 5 – ein Tagebuch.

Reihe von Christian –  follow us | instagram account 

In dieser Reihe, die wir euch fortlaufend präsentieren, geht es um unser Reisetagebuch einer Expedition, die unsere Leute mit Motorrad und Zelt von Norddeutschland über den Balkan, durch die Türkei bis zum ersten Zwischenziel, dem Iran, führte. Unsere Reise führte uns allerdings viel weiter durch Zentralasien: es folgen Beiträge bis Sibirien. Die Beiträge sind in einer Tagebuchform geschrieben und beinhalten zusätzlich allgemeine Reiseinformationen und recherchierte Hintergründe für eure Reiseplanung.

Zuvor aus Teil 4 (Usbekistan – lest hier)


Kurz hinter dem Ort Khatynrabat stehen wir am Dreiländereck „Usbekistan – Tadschikistan – Afghanistan“, das jenseits des Amudarja liegt. Nun ruft uns der Pamir-Highway im ärmsten Land Zentralasiens: Tadschikistan, in dem uns gewaltige Ausmaße der Natur erwarten…

… ,sobald wir die nördlichsten Ausläufer des Hindukusch erreichen. Dieses Gebirge liegt ungefähr zwischen der afghanischen Hauptstadt Kabul und der Stadt Kundus, unweit hinter dem Grenzfluss Pandsch (auch: Panj). Diese strömt aus dem Wahkan Korridor in Richtung China und formt bei Zusammenfluss mit dem Pamir (Fluss) den Amudarja, den wir zuvor passierten. Zu unserer Reisezeit befinden wir uns am Ende des Monats Mai. Im Sommer kommen dort Stromschnellen vor durch abtauendes Gebirgswasser aus den umliegenden Gletschern. Geröll mag unvorhersehbar herabstürzen und unangekündigt so manch wichtigen Handelsweg versperren.

links Tadschkistan, rechts Afghanistan: Grenzfluss Pandsch (Panj)

Tadschikistan (Tajikistan)

Tadschikistan ist ein Land mit gravierenden Höhenunterschieden, zwischen etwa 500 m im grünen, westlichen Landesteil bis hin zum höchsten Berg im viel höher gelegenen Osten, dem Pik Ismoil Somoni mit 7495 m Höhe. Es gibt noch eine Reihe weiterer 7000er Berge dort. Das Land, das einst zum persischen Kaiserreich gehörte aber auch einst Teil Usbekistans war während der Sowjetunion, stand so schon im Mittelpunkt vieler unterschiedlicher Interessen.

So nah an Afghanistan – Blick in eine andere Welt

Diese Region zu bereisen, am Rande der afghanischen Grenze ist nicht ganz ungefährlich. Wir begegnen an manchen abgelegenen Stellen amerikanischen Soldaten, die dort stationiert sind, und aufgrund der Terrorbekämpfung nicht wollen, dass wir bei ihnen fotografieren oder Videoaufnahmen machen.

Nomaden in Afghanistan

Was machen die Afghanen dort drüben? Was handeln sie? Wir wissen es nicht genau. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Viehmarkt afghanischer Nomaden, die am Fluss zusammen kommen. Von tadschikischer Seite aufgenommen, können wir dort zwischen Hindukusch und Parmir-Gebirge den afghanischen Ort Nusay bzw. auf Persisch „نسی “ am Grenzfluss Pandsch beobachten – aus sicherer Entfernung. Diese Region ist nicht nur wegen der Grenzsituation und dem noch vorhanden Rauschgift-Schmuggel, aber insbesondere auch wegen der Höhe von 1.200 m und den Straßenverhältnissen schwer zugänglich.

afghanische Siedlung am tadschikischen Grenzfluss Pandsch

Allgemeines zum „Pamir Highway“

  • die zweithöchstgelegene befestigte Fernstraße der Welt
  • auf 1.252 km langer Strecke stets über 3500 m gelegen ungefähr zwischen Termiz (Usbekistan, Seidenstraße) und Bischkek (Kirgisien) (offiziell bis nach Osch, Kirgisien)
  • offizieller Streckenname = M41
  • erstmals 1932 durch die Sowjets erbaut
  • entlang der Strecke gibt es einige familiengeführte Homestays zur Übernachtung
  • zahlen mit US Dollar praktisch überall möglich in Tadschikistan
Video: vielseitige Landschaften Tadschikistans

Zwischen Duschanbe und Berg-Badachschan

Nurek Staudamm am Vakhsh Fluss

Weiter entlang steiniger Pisten geht für uns in Richtung Duschanbe, der Landeshauptstadt mit etwas unter 800.000 Einwohnern. Den damals noch höchsten Staudamm der Erde anzutreffen mit seiner 300 m hohen Staumauer ist schon beeindruckend. Auf dem Weg passieren wir steinige, ausgespülte Täler am Fluss Vakhsh (auch: Wachsch), der 375 km durch Tadschikistan fließt und an der Talsperre aufgestaut wird.

die Umgebung des Nurek Staudamms am Fluss Vakhsh

Weiter in Richtung chinesische Grenze im Osten

Ein bekannter Ort zum Rasten am Pamir Highway, ganz im Osten des gebirgigen Landes ist das Dorf Murgab bzw. Murghob. Dieses ca, 7500 Einwohner-Dorf ist auf etwa 3650 m Höhe gelegen. Alles ist sehr einfach gehalten – teils sehen wir Wohnhäuser und ärmlich wirkende Läden, die Baracken ähneln. Einige bestehen lediglich aus behelfsweise stationierten Containern.

Über allem thront dennoch am Stadtrand eine Lenin Statue aus vergangenen Zeiten. Hier ist er also noch präsent. Außer ein paar heißen Quellen im Umland gibt es in der kargen Felslandschaft nicht viel zu entdecken, doch stets sind wir von schneebedeckten Gipfeln umgeben.

In der autonomen Region Berg-Badachschan kommen wir zwischenzeitlich freundlich bei Anwohnern unter, die einen mit dem Nötigsten versorgen. Die Regions-Hauptstadt ist Chorugh, mit einem ähnlich traditionsreichen Markt, wie wir ihn in Usbekistan vorfanden.

in einem tadschikischen Haus in Murgab

Ansonsten gibt es dort noch ein paar Homestays, wie das Marco Polo.

Grenze zum Reich der Mitte: China

Für uns geht es aber nach einer Übernachtung weiter in Richtung Ak-Baital Pass – doch vorher machen wir einen Abstecher zur chinesischen Grenze. Wenn man schon mal dort ist so kurz vor China!

Vor uns liegt zunächst also eine kurze Fahrt zum Kulma Pass auf 4363 m Höhe. Dort ist der Grenzübergang zu China.

Links die uigurische autonome Region Xinjiang in China, rechts Tadschikistan. Ohne Visum natürlich unbetretbar durch einen abgesicherten Stacheldrahtzaun, der sich endlos über die 4000 m hohen Berge zieht, und dennoch ein wichtiger und bekannter Grenzübergang. Unweit hinter dem Pass auf chinesischer Seite davon liegt die uigurische Stadt Taschkorgan. 3500 km weiter östlich liegt dann Peking.

nicht jeder schafft es bis hier hoch

Nach dem Bestaunen des Hochsicherheits-Stacheldrahtzauns der Chinesen soll es weitergehen auf dem Pamir Highway in Richtung Karakul-See. Doch vor uns liegt der 4655 m hohe und oft nur schwer passierbare Ak-Baital Pass. Wir haben es geschafft! Der höchste Pass des Pamir Gebirges ist überwunden.

Auf geht’s in Richtung Kirgisien. Davor erwartet uns noch in Tadschikistan ein wahres Highlight: unvorstellbar, ein kleiner Strandabschnitt auf 4020 m Höhe. Beach-Feeling am glasklaren, teils türkis schimmernden Karakul See, dem größten See des Landes. Er wird bis zu 230 m tief. Ein friedvolles Plätzchen Erde!

Unweit nordwestlich des Sees ruft der erhabene Berggipfel des ehemaligen ‚Pik Kommunismus‘, danach hieß er ‚Pik Lenin‘ und heutzutage benannte ihn die tadschikische Regierung abermals um in ‚Pik Unabhängigkeit‘ – den 58. höchsten Berg der Erde mit 7134 m Höhe direkt an der Grenze zu Kirgisien. Wir sind da.

auf über 4000 m Höhe, nahe Pik Lenin

Kirgisien (Kirgistan, Kirgisistan)

Nach einigen Kilometern durch grüne Flusstäler erreichen wir ein pulsierendes Handelszentrum im südlichen Kirgisien, das nach langer Zeit der Einsamkeit nur so vor Leben strotzt!

Video: Traumlandschaften und Nomadenleben in Kirgisien

Osch, zweitgrößte Stadt des Landes

Offiziell endet hier der Pamir Highway in der Stadt, die als altes Handelszentrum schlechthin für Kirgisien galt – zumindest zur Blütezeit der Seidenstraße. Wir saugen die geschäftige Atmosphäre auf den Marktstraßen im Zentrum auf: aufwendig handgefertigte Filzteppiche aus Schafswolle, die kirgisischen Shyrdaks, werden dort unter anderem neben frischen Lebensmitteln aller Art vertrieben. Mit etwas Glück hört man in einem abgelegenen Hinterhofe das landestypische Instrument Komuz spielen. Ein moderater Islam ist weiterhin die präsente Religion, wobei man auch eher im Norden des Landes auf russisch-orthodoxe Minderheiten stößt.

Wahrscheinlich ist das Land das demokratischste ganz Zentralasiens. 2009 erhielt Kirgisien sein erstes UNESCO Weltkulturerbe zugestanden: den Suleiman-Too Berg. Für unsereins mag der karge Berggipfel am Rande der Stadt Osch nicht viel hermachen, doch er gilt den Kirgisen als Heiligtum des sunnitischen Islam. Es gibt ein Museum mitten in einer Felshöhle im Berg, doch wir halten uns im Freizeitpark davor auf in dem ein Riesenrad kurioserweise neben einem alten sowjetischen Flugzeug des Modells Jakowlew 40 aufgestellt wurde.

Toktogul Talsperre und Fahrt zur Grenze Kasachstans

Auf dem Weg zur Hauptstadt Bischkek, die nahe der kasachischen Grenze im Norden des Landes liegt überqueren wir den Fluss Naryn, der durch grüne Täler zieht – ab und zu sehen wir ein paar Jurten Zelte und Nomadenherden. Aber auch mal einen Lastkraftwagen, der auf unwegsamen Gelände ins Schleudern geriet: selbst deutsche Technik und Motoren, die dort des Öfteren durch die Landschaften rollen haben es nicht einfach auf kirgisischen Strecken!

Unglaublich, wie der kleine Gebirgsbach Naryn in einem Wasserreservoir gigantischen Ausmaßes aufgestaut wird – und aus seiner Kraft Strom gewonnen wird. Doch manche Dörfer sind in abgelegenen Bergtälern noch komplett ohne Strom und liegen fernab jeglicher Zivilisation. Die Nomaden wissen sich jedoch seit Jahrtausenden selbst zu helfen und überliefern den Folgegenerationen ihre geschichtsträchtigen Traditionen – wie z. B. die Pferdezucht oder Pferderennen.

Allgemeines zur Nomadenkultur in Kirgisien

  • 3000 Jahre lang währte die Nomadenkultur in Kirgisien
  • das Wort ‚Jurte‘ entstammt den Turk-Sprachen und bedeutet so viel wie ‚Heimat‘ oder ‚Zuhause‘
  • kirgisische Jurten bestehen aus kegel- bzw. kuppelförmigen Dächern ohne stützende Elemente in der Mitte
  • Wärmedämmung erfolgt durch Filz- und Baumwollteppichen, wie den typischen ‚Shyrdaks‘
  • die kirgisische Jurten-Kultur unterscheidet sich von der mongolischen durch leichtere, besser transportierbare Bauweise und höher angebrachten Dächern
  • typischerweise werden folgende Tiere gehalten: Pferde, Schafe, Yaks

Anfang Juni in Kirgisien zu sein bietet uns eine sehr gute Reisezeit: die Nomade treiben ihre großen Herden aus Schafen und Pferden mit Hirtenhunden von den Dörfern auf die sogenannten, höhergelegenen Sommerweiden. Ein Schauspiel in den Bergen.

Issyk Kul (Yssykköl) See, zweitgrößter Gebirgssee der Erde und Tien Shan Gebirge

Weiter geht es von den grünen Hochebenen des Naryn Tals durch die Ausläufer des Tien Shan Gebirges in Richtung Nordost-Kirgisien und kasachische Grenze. Der offizielle Bezirk nennt sich Ak-Suu.

Die ca. 70.000 Einwohner zählende Stadt Karakol bildet ein wichtiges Zentrum im östlichen Kirgisistan und bietet einige architektonische Highlights, wie orthodoxe Kirchen aus Holz und den typisch bunten Türmchen. Landschaftlich mag diese Region schon fast wieder an die Rocky Mountains in Kanada erinnern.

Nach einiger Rast gelangen wir an die wilden Ufern des großen Issyk Kul Sees (auch unter Yssykköl bekannt). Das umliegende Tien Shan Gebirge hier erstreckt sich auf ungefähr 1780 m, wobei der höchste Berg Kirgisistans, der Dschengisch Tschokusu bis zu 7439 m hoch wird (früher einmal Pik Pobeda genannt). Jener liegt nur einige Kilometer weiter östlich des Sees direkt an der chinesischen Grenze.

die wilden Ufer des Issyk Kul Sees

Der See wird bis zu sagenhafte 668 m tief – mit 6236 km² Größe mehr als doppelt so groß wie das Großherzogtum Luxemburg. An den direkten Ausläufern des Sees finden wir rötliches Gestein vor. Das australische Outback hatten wir ähnlich in Erinnerung – wie landschaftlich vielfältig Kirgisien doch ist!

Tien Shan Gebirge nahe Issyk Kul See

Früher wurde dort Kohlebergbau in Minen betrieben. Diese Region im östlichen Kirgisien ist die perfekte Mountainbike-Landschaft. Organisierte Touren werden auch professionell angeboten rund um Karakol, z. B. buchbar auf https://jyrgalan.com. Einer der bekannten Streckennamen lautet ‚Tulpar Tash‘ und liegt auf bis zu 2270 m Höhe. Auch der Kok Bel Wasserfall befindet sich in unmittelbarer Nähe.

Im Hintergrund sehen wir schon dampfende Industriegebiete umgeben von bewaldeten Berggipfeln des Transili-Alatau Gebirges, doch vorher passieren wir noch die nächste Grenze…

Folgt ihr uns noch durch die Steppen Kasachstans bis ins sibirische Hinterland Russlands?

Über Tadschikistan & Kirgisien als Reiseländer

Tadschikistan

Reisezeit: Mai bis September, mancherorts auch noch im November bis zu 20 °C; in der Hauptstadt Duschanbe im Sommer viel heißer als im Gebirge – bis zu 40 °C in der Stadt. Trocken-kontinentales Klima.

Tourismusformen: kaum entwickelte touristische Infrastruktur; Abenteuer- und Wandertourismus

Sicherheit: insgesamt ein eher sicheres Reiseland; gefährlich im Süden des Landes an der afghanischen Grenze, die teils nicht markiert ist. Lokale, regionsbedingte Terrorwarnungen unbedingt vorher prüfen online beim Auswärtiges Amt

Visum: E-Visa sind online für dt. Staatsbürger problemlos beantragbar

Kirgisien

Reisezeit: April bis Oktober; Ab September verfärbt sich das Laub der vielen Wälder in sämtlichen Herbstfarben. Hochgebirgstouren sind ab Mitte Juli zu empfehlen. Teils alpines Klima.

Tourismusformen: Vielfältig und auf den letzten Messen der ITB groß beworben. Skitourismus im Winter; Rafting, Mountainbiking und Trekking im Sommer; Ökotourismus; Jurtenübernachtungen bei Nomaden auf Studienreisen.

Allgemein bekannte, lokale Anbieter:

  • Logos Discovery
  • Ecotrek Trekking & Travel
  • Issyk Kul Kayaking by Karakol Tours

Sicherheit: Sehr sicher als Reiseland; gilt als das wohl demokratischste Land Zentralasiens

Visum: Deutsche, Österreicher und Schweizer benötigen kein Visum bei Aufenthalten bis zu 60 Tagen

3 Kommentare Gib deinen ab

  1. Hanna Helene sagt:

    Du hast absolut Recht, diese Länder sind irgendwie eine ganz andere Welt, aber dadurch auch unglaublich interessant! Vor allem Kirgisien reizt mich, vor einer privaten Reise nach Afghanistan habe ich aber noch zu viel Respekt. Toller Beitrag!

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  2. majaalifee sagt:

    Lovely 💕😊🌹

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